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moses 09-14

Anonymitätsrecht

Das Moses-Projekt schützt die nach anonymer Hilfe suchende Frau in besonderer Weise durch das ihr persönlich zustehende Anonymitätsrecht.
Das deutsche Recht eröffnet mit den Schwangerenberatungsgesetzen die Möglichkeit einer anonymen Beratung. In den einschlägigen Gesetzen wird der Frau ein Anonymitätsrecht eingeräumt, das sie - so lange und so oft sie es möchte - in Anspruch nehmen kann. Dieses Recht besteht während der Schwangerschaft, bei der Geburt und in der nachgehenden Betreuung.

In § 6 Abs. 2 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes steht:’Die Schwangere kann auf Wunsch gegenüber der sie beratenden Person anonym bleiben’.

Es ist juristisch nirgendwo geregelt, dass zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt das Anonymitätsrecht der Mutter beendet wird. Vielmehr soll dieses Anonymitätsrecht vor allem dem Lebensschutz dienen, solange die Frau sich zu ihrer Mutterschaft nicht bekennen kann.
§ 5 Abs. 2 SchKG besagt: ‘ Die Beratung umfasst...die Darlegung der Rechtsansprüche von Mutter und Kind und der möglichen praktischen Hilfen, insbesondere solcher, die die Fortsetzung der Schwangerschaft und die Lage von Mutter und Kind erleichtern’.

Laut Art. 2 Abs. 1 BaySchwBerG haben Frauen und Männer einen Rechtsanspruch auf anonyme Beratung so oft und so lange dies im Einzelfall erforderlich ist.

In § 5 Abs. 2 Satz 3 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes wird ausgeführt, dass die Betreuungsmöglichkeit des Kindes sowie das Angebot der Nachbetreuung als Rechtsanspruch bestehen. Prof. Dr. jur. Ingo Mittenzwei schreibt dazu: ‘Sofern die Mutter ihre Identität offenbart hat, besteht grundsätzlich eine Anzeigepflicht der Annahmeeinrichtung gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 4 Personenstandsgesetz. Diese Anzeigepflicht entfällt dann, wenn die Annahme des Kindes von Mitarbeitern einer anerkannten Schwangerschaftsberatungsstelle durchgeführt wurde, weil diese sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 a StPO berufen können’.

Das Anonymitätsrecht in § 6 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes soll im Zusammenwirken mit Rat und Hilfe der gesetzlich geregelten Konfliktberatung dazu beitragen, die mit Schwangerschaft, Geburt und Nachbetreuung bestehende Konfliktlage aufzulösen oder zu mildern und einer Notlage abzuhelfen. Die Beratung hat die Aufgabe, die Frau zu befähigen, in voller Erkenntnis des Für und Wider eine für sie tragbare Entscheidung zu treffen. Berücksichtigt man die ambivalenten Gefühle, die Frauen während der Schwangerschaft und auch nach der Geburt noch zu bewältigen haben, dient der Anonymitätsschutz dem Ziel des Gesetzes, nämlich dem Lebensschutz des Kindes. Diesem Ziel muss alles untergeordnet werden (Bundesverfassungsgerichtsurteil, 1. Leitsatz 1993). Somit ist davon auszugehen, dass das Anonymitätsrecht der Frau die gesamte Schwangerschaft, die Geburt und die Nachbetreuungszeit umfasst. Im gleichen Zeitraum gilt auch das Zeugnisverweigerungsrecht für die Mitarbeiterinnen der staatlich anerkannten Schwangerschaftsberatungsstellen und für die Personen, die die Beraterin im Einvernehmen mit der Frau in die Beratung mit einbezieht (z. B. Notruf, Gynäkologie).

Ausdehnung des Zeugnisverweigerungsrechtes

Eine analoge (d. h. entsprechende) Ausdehnung des Zeugnisverweigerungsrechts auf andere Arten sozialer Beratung wird in der juristischen Fachliteratur abgelehnt, ist aber auch durch kein Justizministerium abschliessend zu verneinen oder zu bejahen, da die Auslegung von Gesetzen allein dem jeweils zuständigen Richter obliegt. Das gilt naturgemäss ganz besonders für Verfahrensvorschriften, die den Umfang der von ihm durchzuführenden Beweisaufnahme betreffen.

Gegen eine Analogie zugunsten aller sozialen Beratungsdienste spricht übrigens, dass es der Gesetzgeber für geboten erachtet hat, eine eigene Vorschrift für Berater anerkannter Drogenberatungsstellen in das Gesetz einzufügen (§ 53 Abs. 1 Nr. 3 b StPO), wo im übrigen auch nur anerkannte Stellen erfasst sind.

Gegen eine solche Analogie spricht entscheidend, dass damit zwingend zugleich eine Erweiterung der Strafbarkeit der Offenbarung anvertrauter Privatgeheimnisse (§ 203 Abs. 1 StGB) verbunden wäre: Diese Strafbestimmung nennt als betroffenen Personenkreis in Abs. 1 Nr. 4 a ausdrücklich ‘Mitglieder oder Beauftragte einer staatlich anerkannten Beratungsstelle nach §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes’. Erweiterungen der Strafbarkeit durch Analogie sind jedoch von Verfassung wegen in Art. 103 Abs. 2 GG verboten (Dr. Walter Bayerlein).

 

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